Linksdrall bei Freikirchen und Evangelischer Allianz

Der politische Mainstream ist weit ins Lager ehemals konservativer Christen vorgedrungen. Der Freikirchenverband (siehe Fussnote 1) und die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA, siehe Fussnote 2) mutierten in den letzten Jahren zu tragenden Stützen linksliberaler Politik. Das erstaunt. Es ist noch nicht lange her, da wurden Freikirchen noch als Sekten denunziert. Wer öffentlich die konservativen, biblischen Werte vertrat, wurde leicht als 'ewig-gestrig, reaktionär, rechtsextrem, Stündeler und sektiererisch' verschrien.

Offensichtlich missfiel die stete Verachtung den Leitungspersonen der personell verwobenen Organisationen Freikirchen & SEA. So bemühte man sich, im Verlauf der letzten Jahre, das lästige Sekten-Image loszuwerden. Dies jedenfalls gab die langjährige Leiterin der SEA-Administration in der christlichen Wochenzeitschrift IDEA 18.2022 zu erkennen (Ergänzung statt Abgrenzung; IDEA, 03.05.22, S. 10).

In Folge wurde die evangelikale PR positiver, freundlicher, farbiger, populärer, harmonisierender. SEA-Publikationen und Events beschäftigten sich zunehmend mit Themen aus dem politischen Spektrum Mitte-Links: z.B. Armut, Migration, Klimagerechtigkeit, Versöhnung der Geschlechter etc.. Kein Wunder: Der Allianz-Präsident und der Co-Generalsekretär (beide bis 2022 im Amt) hatten früher für die EVP im Grossen Rat des Kantons Bern politisiert.

Endlich weg vom Sekten-Image!

Um die Image-Korrektur zu beschleunigen, verlegten sich Freikirchen/SEA dann ab 2013 zunehmend auf gemeinsame Auftritte mit den grossen, öffentlich-rechtlichen Kirchen:

  • Am Bettags-Samstag 2013 luden die Freikirchen erstmals im Verbund mit der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (AGCK) zu einem öffentlichen "Gebet im voraus" auf die Berner Schanze. Weitere Mittragende waren u.a. der Evangelische Kirchenbund, (SEK), die Bischofskonferenz (SBK), die Christkatholische Kirche und die SEA. Die Tagessschau berichtete. Fazit: Bibeltreue Christen mussten zur Kenntnis nehmen, dass die Leitungsgremien von Freikirchen und SEA einen öffentlichen Schulterschluss mit stark verweltlichten Grosskirchen vollzogen hatten. Das ökumenische "Gebet im voraus" fand auch 2015 und 2017 statt.
  • Einen ersten medienwirksamen Auftritt mit liberalen Kirchenführern hatte Freikirchen-Präsident Peter Schneeberger, der auch als Präsident der Freien Evangelischen Gemeinden Schweiz (FEG) amtet, dann im Dezember 2017. Damals trafen sich mehr als 5'000 Christen zur Konferenz EXPLO in Luzern. Geladen hatte die früher ebenfalls noch wertkonservative Organisation "Campus für Christus". Natürlich berichteten die Mainstream-Medien genüsslich darüber, dass Peter Schneeberger, Bischof Felix Gmür und Pfr. Gottfried Locher gemeinsam mit der Masse der Konferenzteilnehmer eine Lichterfeier im Luzerner Seebecken zelebrierten. Pfr. Locher war damals noch Präsident der Schweizer Reformierten. Sowohl Bischof Gmür als auch Gottfried Locher waren öffentlich bekannt für ihre liberale, unbiblische Haltung in Sachen Homosexualität. Fazit: Die Zeichen, die Schneeberger durch diesen gemeinsamen Auftritt aussandte, waren ebenfalls unmissverständlich: Der Basis wurde zu verstehen gegeben, dass der Freikirchenverband den Weg der theologischen Liberalisierung angetreten hatte. Das war in Folge speziell hilfreich für die methodistische Freikirche (EMK Schweiz). Sie ist nämlich seit Jahren liberal und führt in Zürich eine Regenbogenkirche. Da die Gendermission im Freikirchenverband ihren festen Platz eingenommen hat, darf die Regenbogen-EMK sich bei den Freikirchen weiterhin wohl und angenommen fühlen.
  • Nach dem unrühmlichen Abgang Gottfried Lochers an der Spitze der Reformierten wurde Pfrn. Rita Famos 2021 Präsidentin der "Evangelisch-Reformierten Kirche Schweiz" (EKS). Frau Pfrn. Famos gab den evangelikalen Verantwortungsträgern gerne zu erkennen, dass sie sich bzgl. Homosexualität ebenso liberal positioniert wie ihr Vorgänger Locher: "Ein Pfarrer, der die Lebensweise homosexueller Menschen als Sünde sehe, das gehe nicht, weil er diese Menschen in ihrem Innersten abwertet."  (Wer hat in der EKS noch Platz? IDEA 42.2021;  S. 5). All dies scheint Freikirchen-Präsident Schneeberger, der seit 2018 auch im Vorstand der SEA sitzt, nach wie vor nicht zu kümmern. Erst gerade, am 6. Juli 2023, hatte er am "Kirchentag Zürioberland" in Wetzikon nämlich einen gemeinsamen Auftritt mit Pfrn. Rita Famos. Beide brachten an der grossen Eröffnungsveranstaltung ein Grusswort ihrer Kirchen. Medienwirksamer Sponsor des Kirchentags war u.a. die 'Reformierte Kirche des Kantons Zürich'. Sie wird von Pfr. Michel Müller präsidiert; einem verbissenen Kämpfer für die kirchlich legitimierte Lebensweise der Homosexuellen. Fazit: Schneeberger signalisierte den Christen im "frommen" Zürcher Oberland also erneut, dass die Freikirchenleitung die Bindung an den biblischen Wertekanon als optional betrachtet.

 

Einheit um jeden Preis

SEA und Freikirchen gehen offenbar unbeirrt den Weg zur "Einheit mit Kirchen", die in vielen Bereichen nur noch dem Namen nach "christlich" sind. Wie in den obigen Zeilen ausgeführt opponieren liberale Kirchenverantwortliche  mitunter heftig gegen die Theologie bibeltreuer Personen und Organisationen. Das wird von den Freikirchen-Leitern geflissentlich übergangen. Man verfolgt ja das höhere Ziel der "Einheit":

  • So wurde dem Freikirchenverband 2018 der Gaststatus bei der 'Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Schweiz' (AGCK) verliehen.
  • 2019 bewarb sich auch die SEA um den Gaststatus bei der AGCK. Natürlich wurde die Allianz 2019 gerne aufgenommen in den "lauteren" Kreis.

Es drängt sich die Frage auf, gemäss welchen Kriterien Freikirchen und SEA die "Einheit" mit Katholiken, Reformierten, Orthodoxen und der EMK suchen. Hier fehlt bisher der kontroverse öffentliche Diskurs.

Seit 2021 versuchen sich Freikirchen/SEA auch noch auf dem interreligiösen Parkett. Im September 2021 erfolgte nämlich die einstimmige Aufnahme eines Vertreters von Freikirchen/SEA in den "Schweizerischen Rat der Religionen". Die erst noch anrüchigen Evangelikalen wollen nun im hohen Gremium "die Farbe einbringen, die bisher gefehlt hat." (IDEA, 37.2021; S. 23).  

Dass diese Farbe des Evangeliums so kräftig sein wird, wie es die radikalen Vorgaben des Neuen Testaments verlangen, darf bezweifelt werden. In einem Verhaltenskodex gibt die SEA z.B. zu erkennen, wie sie ihre Arbeit leistet ("So leben wir evangelische Allianz"). Die Zeilen sind so positiv und gutmenschlich geschrieben, dass ein kritischer Leser leicht einen fehlenden Realitätsbezug konstatiert. Es gibt in diesem Papier viele menschenfreundliche Worte, aber keinen einzigen Bezug zur Bibel als primär verbindliches Wort Gottes. Der einzige Massstab, der echte "Christliche Einheit" herzustellen vermöchte und jeder Kirche und jeder Person den Weg weist, wird nicht mal erwähnt!

 

Ganze Arbeit geleistet?

Es scheint, das Vorhaben sei gelungen. Freikirchen und SEA sind das Sekten-Image wohl endgültig los. Sie sind im rot-grün-regenbogenfarbigen Mainstream angekommen. Die Freikirchen dürfen sich nun selber als "systemrelevant" loben. Sie haben jetzt freikirchliche Armee-Seelsorger. Sie treten mit kirchlichen Grössen öffentlich auf. Verbandspräsident Schneeberger wurde während der Coronaepoche zum Gespräch mit Bundesrat Alain Berset nach Bern geladen ("Höhepunkt"). Systemkonform erliess der Freikirchenverband 2021 auch eine mRNA-Impfempfehlung. Alles paletti!

Die SEA ihrerseits "distanziert sich öffentlich von sogenannten "Konversionstherapien", die das Ziel haben, die sexuelle Orientierung einer Person zu verändern. Die Wissenschaft sei sich heute weitgehend einig, dass die sexuelle Orientierung einem zielgerichteten Einwirken nicht zugänglich sei." (IDEA 06.2022). Ja, ja, die Wissenschaft! ... und dann natürlich auch der gesellschaftliche und politische Mainstream, der radikal gegen Konversionstherapien wütet. 

In der Zeitschrift SEA-FOKUS vom Dezember 2021 berichtete eine ehemalige Frau von ihrer Transition zum Trans-Mann, der nun mehrheitlich glücklich mit einer wunderbaren Freundin lebt und nun 100% "ich selbst" ist. Gender offenbar als freikirchliche Option!

 

Fast schon paradox mutet es dann aber an, wenn der Präsident, der den neuen Kurs der SEA massgeblich angeleitet hat, sich betroffen gibt über das fehlende Gewicht der Bibel!

2022 ist der frühere EVP-Grossrat, Psychiater Dr. Wilf Gasser, als SEA-Präsident zurückgetreten. In einem grossen Interview zum 175-Jahrjubiläum der SEA beklagt sich Gasser über den abnehmenden Stellenwert der Bibel im Leben der Christen: "Umfragen der Bibelgesellschaften zeigen, dass die Zeit, die sich Christen zum Bibellesen nehmen, stetig abnimmt... Wir haben in der Weltallianz versucht, eine Strategie zu entwickeln, aber sie hat zu wenig gegriffen. Innerhalb der SEA gab es eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Phänomen der fehlenden Bibelkenntnis beschäftigt hat. Aber auch die mussten wir sistieren. ... Ich gebe es zu - es ist mein schmerzender Punkt und ich habe momentan auch keine Antwort." (IDEA 18.2022; S. 11).

Liegt die Antwort nicht auf der Hand??

Nur wer den biblischen Wertekanon ganzheitlich lebt und lehrt, hat eine radikale, dynamische Kraft zur Veränderung von Menschenleben und Gesellschaft. Kirchen, die ihrem Auftrag treu dienen, sind dem Staat folglich eine starke Stütze und ein mahnendes Korrektiv. Kirchgemeinden und kirchliche Organisationen hingegen, welche die nicht-opportunen Passagen der Bibel aus ihrer PR und Lehrtätigkeit streichen, verbreiten ein verwässertes, lähmendes "Pseudo-Evangelium". Das begeistert natürlich nicht. So laufen den Kirchen die Leute in Scharen davon und Neue kommen kaum hinzu. Um noch etwas Attraktivität zu erhalten, machen die Pseudokirchen dann noch intensiver auf "Zeitgeist". Und, wenn die Mehrheit im Volk gerade rot-grün-regenbogenfarbig tickt, führen geistlich schwache Leitungsgremien ihre verbleibenden Anhänger gehorsamst in diese Richtung.

Diesen Weg haben nun offenbar auch Freikirchen und SEA eingeschlagen. Natürlich machen sie nebenbei noch viel Gutes. Das tun auch säkularisierte Landeskirchen. Doch im Kern, da wo sich anhand integraler biblischer Anweisung radikales, geistliches Leben entwickeln und multiplizieren sollte, wächst lähmendes Desinteresse. 

Eine Wurzelbehandlung wäre bei Freikirchen und SEA somit dringend nötig. Auch auf die Gefahr hin, dass man sich dann wieder das Sektenimage zuzieht.

 

P.S. Wie zu erwarten war, haben sich Leitungspersonen von Freikirchen und SEA gegen die Kampagne "Pfarrer-Check" gewendet, mit welcher das Bürgerforum gegen die linkspolitische Vereinnahmung der Christlichen Kirchen kämpft. In der evangelikalen Wochenzeitschrift IDEA meldeten sich der Co-Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) und der Präsident der Schweizer Freikirchen, Peter Schneeberger, zu Wort. Sie nannten den "Pfarrer-Check" diskreditierend und überflüssig. (IDEA 22.2023). Die Publikation eines Leserbriefs der Projektleitung "Pfarrer-Check", um auf die Kritik öffentlich zu reagieren und die Notwendigkeit der Kampagne zu erläutern, wurde vom IDEA-Chefredaktor verweigert. Der schädliche Schulterschluss zwischen säkularisierten Landes- und Freikirchen wirkt immer effizienter. IDEA wurde als "Informationsdienst der Evangelischen Allianz" gestartet. Auch wenn IDEA Schweiz seit einigen Jahren eine AG ist. Die Synergien scheinen immer noch zu funktionieren.

Fussnoten

1) Freikirchen Schweiz ist ein nationaler Kirchenverband mit gegenwärtig 20 freikirchlichen Bewegungen aus der Deutschschweiz, zu denen über 750 örtliche Kirchen mit ihren diakonischen Werken gehören. Er versteht sich als dritte Kraft der christlichen Kirchen in der Schweiz und als Sprachrohr für die gemeinsamen Anliegen der Freikirchen.

2) Die Evangelische Allianz ist ein Sammelbecken von Christen und christlichen Organisationen aus Landes- und Freikirchen. Die Basis der SEA beträgt gemäss eigenen Angaben ca. 250'000 Personen. Die Allianz von 480 Deutschschweizer Kirchgemeinden, 180 christlichen Werken und 16 Arbeitsgemeinschaften will die Einheit unter Christen fördern. So soll das gemeinsame Wirken glaubwürdiger und besser werden, um die Gesellschaft verändern zu können. Die allermeiste Zeit ihres Bestehens seit 175 Jahren hat die SEA als bibeltreue, sprich theologisch-konservative, Organisation gearbeitet.